[Einsendung] Vorsicht Spuren! Teil 1
Es gibt praktische keine „Umweltveränderung“ ( Bürger*innen nennen es Straftat), die keine Spuren hinterlässt. Und die können inzwischen von Kriminaltechniker*innen bzw. Wissenschaftler*innen in der Regel zum „Sprechen“ gebracht werden. Am Ort des Geschehens wie auf dem Rückweg.
Wir sollten also schon einige Tatsachen einfach anerkennen, bevor wir aus der Unterschätzung heraus fast nahtlos ins Gefängnis wandern. Anderseits dürfen wir uns deshalb aber auch nicht in die Resignation drängen lassen („die kriegen das doch sowieso raus“), und Ausbeutung, Armut, Wohnungsräumungen bzw. Wohnungsnot oder Suppenküche länger ertragen – aber auch deshalb nicht in der stählernen Kälte einer untergetauchten Militanten den Hunger nach Leben vergessen.
Es geht heute, wieder einmal, darum, die ganze Bandbreite unserer Handlungsfähigkeit, die nicht nur von Seiten der Polizei und der Justiz eingeengt wird sondern auch von einer sich tolerant gebenden repressiven und rassistischen Bürgerschicht, die in ihrer Selbstgerechtigkeit ganze Stadtteile „säubert“ und ganze Länder (wieder)-kolonisiert, zu bewahren, immer wieder neu zu erkämpfen und zu erhalten.
Indem wir über diese kriminaltechnischen Möglichkeiten berichten, um einige unsere Aktionen auch sinnvoll durchführen zu können, glauben wir, auf dieser Ebene zumindest, dem Verdrängen, Bekämpfen und Vergessen entgegentreten zu können. Selbstredend erkennen wir die Kämpfe in den Fabriken, Betrieben, in den Gefängnissen mit all unserer Wärme und Solidarität diesen Menschen gegenüber an – wir können (oder wollen) sie aus gegebenem Anlass (erwerbslos, illegalisiert, marginalisiert, krank, psychiatrisiert, etc.) nicht mitmachen.
Auf moralische Hinweise von Polizei und Bürgertum verzichten wir gerne, auf „Verklärung“ durch sozialromantische Revolutions-und Gangstermythen genauso. Vieles von dem Folgenden ist für alle und jede in ähnlicher Form im Internet zugänglich. Zwischendurch die entsprechenden Links.
So wie die beiden Workshops zum „Stromsparen“ und „Türen öffnen“ geht es uns darum, den Menschen, die es brauchen Handlungsweisen, Wissen, Kenntnisse mitzugeben, die – auch mit dem Aspekt der Weiterverbreitung – einfache und praktische Überlebenstips sind und durch die Art der Darreichung – z.B. als Workshop – auch den Kern einer solidarischen Gemeinschaft der „gegenseitigen Hilfe“ und damit letztendlich auch ein Gegenwicht der kapitalistischen Gesellschaft mit ihrer Konkurrenz, ihrer täglichen Entmenschlichung, ihrer Ausbeutung und Verwertung bzw. Entwertung menschlicher Fähigkeiten zu schaffen.
Nach einer – kurzen, aber notwendigen – Einführung zu den „Spuren“ allgemein möchten wir dann da weitermachen, wo wir zu Letzt aufgehört haben.
Die Spurensuche unterscheidet drei Arten von Spurensicherungen:
– die gezielte wird dann vorgenommen wenn ein klar definiertes Ereignis vorliegt, wie ein Einbruch. Pflanzen-und Erdspuren, die Suche nach Textilfasern oder Lederspuren von Kleidung etc.. Werkzeugspuren(dazu nachher ausführlich mehr) usw.
– die feldüberdeckende Spurensicherung . Die aufwendigste, geht es doch darum mögliche Ablaufvarianten herauszufinden. Kann auch bei Hausdurchsuchungen vorkommen, wenn Verdacht besteht, bei anderen Sachen beteiligt zu sein – also „feldübergreifend“. Kann oft nur über „Mikrospuren“ (Haare, Blattfragmente, Farblacksplitter, Metallspäne, Holzpartikel, Hautschuppen, Papierfasern, Glaspartikel, usw.) geklärt werden.
– Die Notspurensicherung wird gemacht, bevor Spurenmaterial verändert werden kann. So z.b. während einer Löschaktion bei Bränden, bevor die Löschungen Spuren beseitigt, oder bei blutigen Aktionen frisches noch nicht eingetrocknetes Blut.
Erster Abschnitt: Werkzeugspuren
Werkzeugspuren sind die am häufigsten auftretenden Spuren. Kaum ein Einbruch, eine Hausbegehung oder eine Sabotage usw. kann geschehen, ohne Spuren zu hinterlassen. Als Druck-oder Formspuren(Stemmeisen, Schraubendreher ), als Zwick-, Abtrenn-oder Schnittspuren(von Zangen, Drahtscheren, Bolzenschneider etc.) oder als Gleit-oder Kratzspuren. In allen Fällen gilt, weg mit dem Werkzeug nach der Aktion.
Zwar können – wie oben ausgeführt – immer Spuren entdeckt und untersucht werden – aber so bleibt es allenfalls bei der Zuweisung eines bestimmten Werkzeugtypes ( also welche Art von Stemmeisen, welche Herstellungstyp einer Schere usw.)
Hinzu kommt daß jedes Werkzeug, auch die neuen, mikroskopisch wahrnehmbare Unvollkommenheiten haben und das heisst schlichtweg, individuelle Merkmale. Werkzeugspuren heissen deshalb auch Reliefspuren, weil jedes von ihnen eine eigene „Haut“ hat.
Werkzeugspuren werden durch Abformen und Fotografieren gesichert und auch mit Spuren aus anderen Handlungen verglichen und aufbewahrt.
Besonders interessant sind „Kontaktspuren“, die sich vom „Objekt der Begierde“ auf das Werkzeug übertragen –und umgekehrt. Die o.a. Mikrospuren, feinste Farb und Lacksplitter, Metallabriebe etc. — dies führt sogar dazu, daß Schlösser von der Kriminaltechnik zerlegt werden.
Unter dem Begriff „Werkzeug“ gehören auch Schnüre, Stricke, Stoffstreifen oder andere Sachen – hier kann auch die jeweilige Verknotung Hinweise geben.
Klebeband und Klebstoff muss sauber gearbeitet werden, weil sich schnell Staub und DNS Spuren darauf fixieren und euch zugewiesen werden können.
Auch wenn es sich „nur“ um eine Sabotageaktion im Betrieb, in der Schule etc.handelt, wollt ihr bestimmt auch den jeweiligen Erfolg und dementsprechende Mobilisierung anderer miterleben wollen – also in der Konsequenz wäre alles, was unmittelbar und mittelbar mit der Aktion zu tun hat, zu entsorgen – neues Werkzeug muss nicht teuer sein, Kleidung kann gereinigt werden !
[Einsendung, Quelle: http://radiochiflado.blogsport.de]